Der folgende Text ist sehr persönlich und war daher nicht leicht zu schreiben, aber wenn ich schonmal dabei bin, hier reinen Tisch zu machen, noch eine letzte Geschichte, die mich sehr beschäftigt. Es dürfte mein längster Text hier im Forum sein, es wird vielleicht auch der Letzte und es wird mit Sicherheit der Schwerste. Vielleicht zeigt er, dass es Männer gibt, die eine Frau nicht deswegen ablehnen, weil sie Sex nicht als Manipulation ("schlafe erst zum Zeitpunkt X mit ihm, weil...") einsetzt; vielleicht zeigt er, dass auch Männer Gefühle haben. Eventuell zeigt er aber auch gar nichts, außer der Tatsache, dass ich hier verschwunden sollte.
Ich habe vor 2 Jahren online ein Mädel kennengelernt, wir schrieben uns dann gelegentlich, ohne große Hintergedanken. Vor einigen Monaten wurde der Austausch aufgrund eines gemeinsam erlebten Schicksals deutlich intensiver und irgendwann verabredeten wir uns zu einem Treffen übers Wochenende bei ihr. Ich fuhr mit gemischten Gefühlen hin, würden wir uns in Echt denn überhaupt halbwegs verstehen? Meine Kommilitonin, deren Heimatort nahe dem des Mädels liegt, fuhr einen Großteil der Strecke mit und fragte mich u.a. "ob das denn dann ein Date sei". Darauf wusste ich keine Antwort, da wir es im Vorfeld nie ansprachen. Bei dem Mädel abends angekommen war ich sehr nervös, was mich gleich erwarten würde... Sie öffnete die Tür und vom ersten Moment an verstanden wir uns super, redeten und redeten, tranken Glühwein unf liefen durch ihre nächtliche Stadt und nach 3 Stunden auf dem Rückweg zu ihr küsste ich sie mit ziemlichem Herzklopfen, so oft mache ich das ja nun auch nicht gerade. Kurz darauf schliefen wir miteinander. Das Gefühl der Vertrautheit war extrem hoch, es kam und vor, als würden wir uns viel länger als nur einige wenige Stunden kennen. Es war einfach authentisch, keine Lügen, keine Spielchen.
Das ganze Wochenende war somit fantastisch, sie zeigte mir ihre Heimatstadt & Umgebung und es fühlte sich richtig, richtig gut an. Der Abschied war schon schwer, wir lagen den halben Sonntag musikhörend im Bett und immer "nur noch ein Lied", woraus dann jedesmal mehrere wurden und erneut Sex zur Folge hatte.
Auf der Rückfahrt nahm ich wieder meine Kommilitonin mit, die mir dann schon ohne Worte an der Mimik ablesen konnte, dass mein Wochenende toll gewesen war.
Von da an schrieben wir noch öfter als ohnehin schon und sie sagte mir, dass sie mich sehr vermisse, was mir ebenso ging.
Knapp 3 Wochen später besuchte sie mich für 5 Tage in meiner Stadt, und wieder war dieses Gefühl der Vertrautheit sofort da. Wir verbrachten zwar die halbe Zeit im Bett, dennoch blieb noch Zeit für lauter tolle kitschige "Pärchen"-Sachen wie Autokino, Zoobesuch, Serien gucken sowie ins Planetarium und anschließend auf dem Fernsehturm.
Am letzten Abend lernte sie meine besten Freunde sowie deren Freundinnen kennen und verstand sich dank ihrer offenen Art auf Anhieb mit ihnen. Der erneute Abschied am nächsten Tag fiel uns erwartungsgemäß schwer.
Jedoch war ich von da an überzeugt, dass dieses Jahr nur fantastisch werden kann und ich in gewisser Weise endlich "angekommen" bin.
Sie sagte, sie sei total verknallt, hätte den besten Sex ihres Lebens mit mir gehabt und würde die ganze Zeit an mich denken.
Wir schmiedeten Pläne für die nächsten Treffen nach der Klausurphase in einigen Wochen, sie freute sich sehr, dass ich an ihrem Geburtstag in den Semesterferien Zeit habe und sagte, dass sie ihren Freundinnen schon von mir erzählt habe. Ich glaube nicht, dass sie wusste, wieviel mir so etwas bedeutet, da ich dies nie zuvor erlebt hatte. Ich freute mich sehr drauf, dann spätestens an ihrem Geburtstag im Kreis ihrer Freunde als "Das ist mein Kerl/Freund" vorgestellt zu werden und von einer Frau endlich mal so gemocht zu werden wie ich bin.
Am Morgen meiner ersten Klausur und rund eine Woche vor dem nächsten geplanten Treffen schrieb sie mir, dass sie sich bedanken wolle, da sie noch nie zuvor von jemanden so liebe- und respektvoll behandelt worden sei [...], sie das Ganze so aber nicht mehr wolle, normale Beziehungen sie schon überforderten und eine Fernbeziehung noch mehr.
Das war...wow, so hart hätte ich mir das nicht vorgestellt zuvor. Ich kannte ja zuvor schon die Gefühle nach einem Korb eines OdB und es war auch nicht mein erstes Mädel, aber ich war tatsächlich heftigst verknallt und daher war die Zeit danach einfach scheiße. Klausuren dann irgendwie durchgezogen, mich von meinen Semesterferienplänen verabschiedet und die Karten für ein Event, die ich fürs nächste Treffen gekauft hatte in den Müll geworfen.
2 Monate später schrieb sie mir, dass sie seit einigen Wochen einen Freund habe und sehr glücklich sei.
In einigen Tagen ist nun ihr besagter Geburtstag und ich sitze hier, und das vorherrschende Gefühl ist: wieder einmal hat es bei mir dafür nicht gereicht, ein weiteres Mal war ich nicht genug. Das schmerzt sehr und vor allem deswegen, weil es bis auf die Entfernung meiner Meinung nach einfach genial war.
Aber ich verspüre keinen Zorn auf sie, lediglich sehr große Enttäuschung darüber,wie sich diese Geschichte entwickelt hat. Irgendwie freut es mich sogar sehr, dass sie ihr Glück gefunden hat. Als HC+AB vor einigen Jahren hatte ich solche Probleme nicht, dafür natürlich andere. Was nun besser ist? Keine Ahnung. Oscar Wilde schrieb einmal: "Es gibt nur zwei Tragödien im Leben. Die eine besteht darin, dass man nicht bekommt, was man sich wünscht, und die andere darin, dass man es bekommt."
Ich hoffe nun darauf, in Zukunft wieder jemand Neues kennenzulernen und mich neu zu verlieben. Und irgendwie glaube ich auch, dass es bei mir auch mal klappen wird.
Ciao & Danke für's Lesen.
. Sehr schön geschrieben, es muß eine sehr schöne Zeit in deinem Leben gewesen sein. 
Indigo
und das Ende so traurig. Viel Glück dir und dass in Zukunft die Eine kommt, die das wertzuschätzen weiß.